Siv wird mit Anfang 40 ungeplant von ihrem Partner Jan schwanger, Leyla nach einer Kinderwunschbehandlung und auch Leylas Kollegin Esther erwartet ein Kind. In drei großen Kapiteln richtet Verena Güntner ihren Focus auf drei Berliner Paare, die privat und beruflich miteinander verbunden sind und mit weiteren Personen Dreierarrangements pflegen. Der 50-jährige Jan, als Besitzer des angesagten Restaurants „Leppert“ offenbar frei von wirtschaftlichen Sorgen seiner Branche, sieht sich bereits als Autor eines Memoirs und setzt leichtsinnig die Zusammenarbeit mit seiner Geschäftsführerin Ellen aufs Spiel, ohne die das Leppert nicht existieren kann. Siv arbeitet als DJ, sowie an ihrem eigenen Album und setzt selbstverständlich voraus, dass Jan weiter ihren Lebensunterhalt finanzieren wird.
Dass Leyla zeitgleich mit Esther schwanger wurde, macht ihr nicht näher definiertes gemeinsames Projekt zum verminten Gelände. Beruflich profitiert Leyla von ihrer iranischen Herkunft. Als Schwangere würde sie gern weniger Aufsehen erregen und von David weniger kontrollierend behütet sein. Leyla schien mir der hilflosere, passivere und kaum über Schwangerschaft informierte Part im fragilen Universum werdender Eltern zu sein und darüber hinaus in der unter Einwanderern verbreiteten Einstellung gefangen, „die Behörden, also der Staat“ würden ihr feindlich gegenüberstehen.
Die drei Paare eint ein wokes Milieu, in dem von Mitarbeitenden gesprochen, Status durch Luxusmarken demonstriert und bisher kein Wort über die Aufteilung der Care-Arbeit für ein Kind gesprochen wird. Da Jan sich im Gegensatz zu Siv offenbar ein Kind wünscht, hätte ich wenigstens von ihm einen Vorschlag für ein zeitgemäßes Betreuungsmodell erwartet.
Fazit
Verena Güntners Figuren geben vor, dass Geld keine Rolle spielt und stehen ihrem Familienzuwachs lange recht blauäugig gegenüber. Sie wollen ein Kind, aber niemand sieht sich als Elternteil. Angesichts dieser elitären Verantwortungslosigkeit wirkten ihre Schwangerschaften auf mich eher wie Luftschlösser. Kurz vor dem Ablaufen ihrer biologischen Uhr geht es den Frauen plötzlich darum, mit welchem Partner sie sich ein Kind wünschen. Dass sie sich kurz zuvor als Schwangere noch wie eine Ware auf dem Bazar fühlten, spielt nun erstaunlicherweise keine Rolle mehr. Gerade weil keine Figur meine Sympathie wecken konnte, habe ich mich vom ironischem Blick der Autorin gern einfangen lassen. Ihre ernüchternde Darstellung von Lebensstil und Klassenschranken hätte ich mir jedoch ohne Nennung von Markennamen gewünscht.