Irgendwie müssen wir durchs Leben kommen
Gifty ist Doktorandin für Molekularbiologie. Die Neurowissenschaft suchte sie aus, um mit der Forschung den Verlust ihres Bruders zu überwinden. Nana starb bereits mit 15 Jahren an einer Überdosis. Seitdem ist ihre sehr gläubige Mutter depressiv und findet trotz Kirche nicht mehr zurück ins Leben. Gifty ist als Einzige ihrer Familie in Amerika geboren. Ihre Eltern stammen aus Ghana, wohin der Vater wieder zurückgekehrt ist, weil er in der Fremde nie heimisch wurde.
Yaa Gyasi, 1989 in Mampong in Ghana geboren, kam 1991 in die USA, wo sie an der Stanford University studierte. Dies ist nach „Heimkehr“ ihr zweiter Roman. Sie lässt Gifty von der Depression ihrer Mutter erzählen, vom Verlust des Vaters und dem Tod ihres Bruders. Sie gibt viele Einblicke in die Gehirnforschung, sowie das kirchliche Leben in den USA und in Ghana.
Nicht immer war Giftys Leben niederschmetternd. Der ältere Nana war ein guter Sportler und von der Gesellschaft anerkannt. Im Gegensatz zu ihrem großgewachsenen Vater, der unter den Augen der Amerikaner zu schrumpfen versuchte, „und den langen, stolzen Rücken krümmte, wenn er mit meiner Mutter durch den Walmart ging, wo er in vier Monaten dreimal des Diebstahls bezichtigt wurde. Heimwehkrank, gedemütigt, verließ er das Haus nicht mehr.“ Als der Bruder nach einer Sportverletzung durch Medikamente abhängig wurde, sinniert die junge Frau noch: „Vielleicht hätte es geholfen, wenn wir eine Familie gewesen wären, die über ihr Gefühle spricht, der hin und wieder ein »ich liebe dich« über die Lippen gekommen wäre.“
Giftys Leid und die Angst um ihren Bruder mitzuerleben, ist nicht leicht. Auch ihre Zweifel am Glauben der Mutter sind sehr nachvollziehbar geschildert. Als Leser kann man intensiv Giftys frühe Überforderung miterleben. Gut herausgearbeitet ist das Spannungsverhältnis zwischen Wissenschaft und Religion. Kein Wunder, dass sie Probleme hat, andere an sich heranzulassen.
Das Buch hat mich emotional erreicht und in eine mir fremde Welt mitgenommen. Trotz der schwierigen Thematik hat es mich nicht runtergezogen, sondern mich bis zur letzten Seite nicht losgelassen. Es lohnt sich wirklich, es zu lesen!